Lecture: Schall & Form: ausgewählte Schallplattenkunst und konzertante Aufführung “Joseph Beuys & Henning Christiansen. Schottische Symphonie – Requiem of art” und “John Cage meets Sun Ra”, von und mit Kalle Laar und Peter Rantasa

Datum:

Friday, 4 December 2015 – 8:00pm

Adress:

SchallForm Gallery
Blindengasse 25
1080 Wien
Austria

Joseph Beuys & Henning Christiansen. Schottische Symphonie – Requiem of art

LP, Edition Schellmann 1973, Edition Nr. 140/500
Seiten A/B: Joseph Beuys, Henning Christiansen: Schottische Symphonie (aus ‘Celtic’).
College of Art, Edinburgh, 21.8.1970
Seiten C/D: Henning Christiansen: Op.50, Requiem of art (aus ‘Celtic’) (Fluxorum Organum II)

“One of the best artist records ever produced …” (Soundohm)

“Auf der Doppel-LP Schottische Symphonie/Requiem of Art sind zwei Musikstücke, die Beuys in seiner Aktion Celtic (Kinloch Rannoch) Schottische Symphonie verwendet hat, die 1970 in Zusammenarbeit mit dem Komponisten Henning Christiansen in Edinburgh aufgeführt wurde.
Das erste Stück mit dem Titel Schottische Symphonie besteht aus Klängen und kurzen melodischen Passagen, die beim Stimmen des Klaviers mit allen Hintergrundgeräuschen vor der Aktion aufgenommen wurden. Diese zwei unterschiedlichen akustischen Ebenen bilden eine abstrakte Klangkomposition, wie Beuys sie häufiger – meist unter Zuhilfenahme seiner eigenen Stimme – in seinem Werk verwendet hat. Dies gilt auch für die komplex angelegte Aktion Celtic (Kinloch Rannoch) Schottische Symphonie, in deren Rahmen er unter anderem in rhythmischen Abständen Kehllaute und Schreie ausstieß, die keine verständlichen Begriffe enthielten, die Zuschauer durch ihre Intensität aber in Bann zogen. Hier lassen sich Bezüge zur Sprach- beziehungsweise Lauteurythmie Rudolf Steiners herstellen, mit der dieser die Vorstellung verknüpfte, starre Sprachstrukturen aufzubrechen, um die ursprüngliche Ausdrucksfähigkeit der menschlichen Stimme wiederherzustellen.
Das zweite Stück auf der LP, Requiem of Art, op. 50, fluxorum organum II, ist eine Komposition von Henning Christiansen. Sie dauert 36 Minuten und vereint in sechs Sätzen abstrakte Klänge, Orgelmusik sowie verschiedene Hintergrundgeräusche, unter anderem ein Flugzeug und Hammerschläge auf einer metallenen Oberfläche. Anders als bei der Schottischen Symphonie spielt hier auch Sprechgesang eine wichtige Rolle. An zwei Stellen spricht eine Frau über eine Moorleiche, einen mumifizierten Körper aus der Urzeit, wie er noch manchmal in den Sümpfen Nordeuropas gefunden wird. Im Moor sah Beuys Leben und Vergangenheit gespeichert.1 Zudem verband er mit den geistigen Traditionen keltischer Länder die Hoffnung auf ein erweitertes Christentum, was in der Aktion Celtic wie auch den Multiples Celtic + ∿∿∿∿ von 1971 und für Fußwaschung von 1977 durch zahlreiche Bezüge auf christliche und keltische Traditionen zum Ausdruck kommt.”
(Multiples von Joseph Beuys aus der Sammlung der Pinakothek der Moderne)

“Der Titel der Aktion und des Musikstücks ist in Anlehnung an Felix Mendelssohns “Schottische Symphonie” von 1842 entstanden, der sich auf die keltische Kultur in der Moorlandschaft der Highlands bezog. “Zwei Stücke bilden das akustische Zentrum der Aktion: ‘Schottische Symphonie’ von Beuys und Christiansen und ‘Requiem of Art’ von Christiansen. Sie sind während der Vorbereitungszeit in Edinburgh entstanden; Henning Christiansen hatte außerdem Tonbänder mit eingespielten Orgelvariationen und mit Geräuschcollagen samt eingesprochenen Texten mitgebracht. 1973 sind die Stücke auf Platte eingespielt worden” (zit. nach Schneede, 1994, S. 267). Das Stück “Schottische Symphonie” besteht aus den Klängen während des Klavierstimmens, die unmittelbar vor der Aktion mit allen Hintergrundgeräuschen aufgenommen und dann zur Aktion abgespielt wurden.”
(Die Mediensammlungen der Hamburger Kunsthalle)

beuys_christiansen__0

John Cage meets Sun Ra

LP, Meltdown Records MPA-1 1987

Es klingt wie die Idee eines experimentierfreudigen Musikologen, angeregt durch neue digitale Technologien. Doch anders als beim Duett von Nat King Cole mit seiner Tochter Natalie, das lange nach seinem Tode erst moderne Studiotechnik ermöglichte, haben sich John Cage und Sun Ra tatsächlich getroffen, am 8. Juni 1986, an einem eher unwahrscheinlichen Ort, den “Sideshows by the Seashore” auf Coney Island, New York.
Dort, wo normalerweise Freakshows und exzentrische circensische Darbietungen zu sehen sind (oder waren), fand ein Benefizabend für “Meltdown Records and Performing Arts” statt.
Sun Ra an seinen Keyboards wechselte sich mit John Cage ab, der seine Stimme einsetzte, und durch die Strukturierung seiner Pausen die Umgebungsgeräusche in seine Performance mit einbezog.
Die letzte Passage gestalteten sie gemeinsam.
Ein wahrhaft historisches Zusammentreffen vor etwa 150 Zuhörern, festgehalten auf dieser dem Anlass gewidmeten sehr raren Schallplatte.

cage_meets_sun_ra__0